Handbagged

Ein Besuch im englischen Theater

Learning English Travel and Culture

von Carla

Handbagged. Wir haben uns die Komödie im English Theatre Frankfurt angeschaut! In dem englischen Theaterstück geht es um die regelmäßigen Privatgespräche zwischen Queen Elizabeth und Magaret Thatcher bei einer Tasse Tee. Der Titel „Handbagged“ bezieht sich auf das stete Accessoire der Eisernen Lady, das zugleich ihren rigorosen Politikstil repräsentierte, mit dem sie politische Kontrahenten sozusagen in die Tasche steckte. Wie uns das Schauspiel gefallen hat, ob sich der Theaterbesuch lohnt und was ihr zu erwarten habt, berichten wir euch hier…

Als die zwei adretten Damen in Kostümen und mit vorbildlicher Dauerwelle ihre flammenden Plädoyers halten, ist sofort klar: hier handelt es sich um zwei starke Persönlichkeiten. Ebenso schnell lässt der majestätische Jargon den Rückschluss zu, dass es sich hier um niemand Geringeren als Queen Elizabeth II. handelt. Und auf der anderen Seite der Bühne wettert in betont sozialistischer Manier die unvergessene Margaret Thatcher gegen Ungerechtigkeit und Armut.

Ein eklatanter Machtwechsel

Es wird das Jahr 1979 geschrieben, als Thatcher als erste Frau das Amt der Premierministerin antritt und Residenz in Downing Street No. 10 bezieht. Zu der Zeit ist die Queen bereits 26 Jahre als Regentin tätig. Bereits die ersten Begegnungen zwischen den fast gleichaltrigen Damen sind von spannungsgeladener, kritischer Natur, die sich recht bald in zynischen Bemerkungen entlädt. Ein Schlagabtausch, der mit jeder Begegnung an Fahrt aufnimmt, unterhält und amüsiert das Publikum zugleich.

Mehr Witz dank Alter Ego

Der wohl gelungenste Witz ist die doppelte Besetzung des Duos. Zunächst macht sich leichte Verwirrung beim Zuschauer breit, denn nach Kurzem stehen sich nicht zwei sondern vier Damen auf der Bühne gegenüber. Dabei fungieren die jeweiligen Pendants gewisser Maßen als Alter Ego der Majestät und des Regierungsoberhaupts. Sie ergänzen einander nicht nur in Gedankengängen und Informationspreisgabe, vielmehr verleihen sie dem Zwiegespräch eine noch intensivere, humoristische Note. Es bilden sich Fronten, die sich im verbalen Wettstreit ereifern. Die anfangs grob umrissenen Konturen verwandeln sich in zunehmend präzisere Linien, die Bilder zweier Charaktere entstehen lassen, die unterschiedlicher nicht sein könnten.

Kooperation will gelernt sein

Die Queen und die Premierministerin hegen tiefe Abneigungen gegeneinander und doch sind sie der Zusammenarbeit verpflichtet. Beiden Frauen wird diplomatisches Geschick und situativ angemessenes Feingefühl abverlangt. Die 80er Jahre sind von innen- und außenpolitischen Spannungen und Umwälzungen geprägt, auf die sowohl Königshaus als auch Regierung die richtigen Antworten finden muss. Natürlich klingen diese bei Elizabeth ganz anders als bei Margaret, weswegen wir immer wieder Zeuge von hitzigen Diskussionen werden, wie sie sich womöglich ereignet haben könnten.

„Das habe ich nie gesagt!“

Handbagged begleitet die charismatischen, britischen Ladies auf ihrer Tour de Force der internen Zusammenarbeit während Thatchers elfjähriger Amtszeit. Gespräche und Schlagabtausche zwischen königlicher und politischer Repräsentantin, die mehr oder weniger so stattgefunden haben könnten, liefern private Einblicke in die Geschehnisse hinter den Kulissen der Öffentlichkeit. Gleichwohl entwerfen sie ein klares, doch vielschichtiges Bild beider Frauen. Da es sich jedoch um eine Komödie handelt und diese viel mit Fantasie und Kreativität spielt, hört man regelmäßig den Ausruf der Alter Egos: „I never said that!“ Dieser Hinweis ist für den Zuschauer durchaus zu beherzigen: Wohl kaum sollte alles in diesem Stück für bare Münze genommen werden.

Britischer Humor par excellence – eine Herausforderung für den Zuschauer

Nichtsdestotrotz kann man sich entspannt zurücklehnen, dem Spektakel beiwohnen und vor allem immer wieder lachen. Der Wortwitz der Charaktere ist raffiniert, genial und manchmal so komplex, dass der deutsche Zuschauer beinahe zu lange braucht, um ihn nachvollziehen zu können. Denn Handbagged nimmt trotz simpler Kulisse und Situation ein rasantes Tempo auf. Schlag auf Schlag folgen dezidierte politische Aussagen, auf persönliche Spitzen, auf dramatische Klagen, auf historische Verweise. Mal rhetorisch entwaffnend, mal überraschend plump “umtänzeln“ sich Queen und Premier beim wöchentlichen Tee-Gespräch und versuchen das Gegenüber zu demaskieren. Dies als Zuschauer alles zu erfassen und verstehen, ist eine Herausforderung.

Einen Theaterbesuch wert

Da die Performanz von Handbagged zur Gänze in englischer Sprache stattfindet, sind gefestigte Englischkenntnisse nicht nur von Vorteil, sie sind gar Voraussetzung für ein Verständnis der Ironie. Dementsprechend würden wir das Stück allen englischbegeisterten Erwachsenen empfehlen, die nach Möglichkeit einen Hauch Interesse an den historischen Ereignissen mitbringen. Hintergrundwissen ist für den Zuschauer absolut von Vorteil, jedoch versuchen die überaus gelungenen Nebenfiguren ein bisschen für das im Geschichtsunterricht Versäumte Nachhilfe zu erteilen. Handbagged ist definitiv dialoglastig und erfordert volle Aufmerksamkeit des Zuschauers. Doch kann man diese aufbringen, ist das Stück spaßige Unterhaltung pur. Alle sechs Schauspieler legen eine starke, authentische Leistung ab und hauchen der jeweiligen Situation Leben ein. Das Bühnenbild ist schlicht, jedoch wunderbar geeignet, um durch die Jahre zu reisen. Jede Szene wird mit einem kurzen musikalischen Intermezzo abgerundet, bei dem die jahrestypischen Lieder als ausgesprochen passend auffallen. Trotz vieler problembehafteter Situationen, bleibt der Kontext fröhlich und ironisch. Die Resonanz des Publikums war von ständigen Lachern geprägt und mündete in einem wohlverdienten, kräftigen Applaus.    

Titel Handbagged. Liz vs. Maggie
Drehbuchautorin Moira Buffini
Intendant Tom Wright
Genre Komödie
Sprache Englisch
Schauspieler Ester McAuley (jüngere Queen Elizabeth II)
  Georgina Sutton (ältere Queen Elizabeth II)
  Genevieve Swallow (jüngere Margaret Thatcher)
  Claire Vousden (ältere Margaret Thatcher)
  Phil Adele (diverse Nebenrollen)
  Mark Huckett (diverse Nebenrollen)
Spielzeit      bis zum 30. April
  Dienstag-Samstag um 19.30 Uhr
  Sonntag um 18 Uhr
  erhältlich an der Theaterkasse oder
  unter http://www.english-theatre.de/tickets/

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